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Die Route

Schon lange vor der Tour waren wir uns über einige Eckwerte einig. Wir wollten keine Autobahn, keine Gewalttouren und auf keinen Fall den Trubel der großen Rennen. Die Fähren haben wir vorher im Reisebüro gebucht und nach den Überfahrten auch die Hotels. Kleiner Tip am Rande: abends ab 20:00 kostete der Tunnel zwischen Calais und Folkstone nur noch die Hälfte. Um diese Uhrzeit ist es allerdings besser, schon zu wissen wo man übernachtet.

Mit diesen Rahmenbedingungen haben wir die Tour dann in bequeme Tagesetappen aufgeteilt. Am ersten Tag ging es bis Charleroi in Belgien, am zweiten nach Calais. Wie’s der Teufel will fängt schon am zweiten Tag meine gute alte Honda an zu spucken. Kurz an den Kontakten geschraubt, und es geht weiter. Wir sind gut in der Zeit und so kommen wir trotzdem pünktlich am Tunnel an, die Bahnverladung ist unkompliziert, wir fahren einfach in den Zug, Mopeds auf den Hauptständer und das wars schon. Nach einem ausgedehnten Schoppen in einem sehr schönen Hotel im viktorianischen Stil in Folkstone geht es am nächsten Tag an Englands Südküste entlang nach Westen. Von dem berühmten Seebad in Brighton sind wir ziemlich enttäuscht, aber wir erfahren wenigstens, warum der englische Rasen so schön grün ist: er wird mindestens 3 mal täglich gegossen!

Die Feuchtigkeit tut meiner Honda nicht gut, sie fängt gegen abend wieder an zu spucken. Deshalb gehts dann auch mal in eine Werkstatt. Die Briten sind außerordentlich freundlich, aber weder hier in Little Hampton, noch in drei weiteren Werkstätten, die ich unterwegs anlaufe, kann der Fehler ermittelt werden. Auf der weiteren Strecke wird es immer schlimmer, und weil ich den Kollegen die Tour nicht verderben will, schicke ich sie vorweg, daß sie die gebuchte Fähre noch erwischen. Ich selbst suche mir ein Zimmer in Bath und abends noch eine Kneipe, die nach Mopedfahrern aussieht. Dort bekomme ich dann den Tip, daß in Bristol einer der größten Hondahändler England sei, mit einem sehr gut bestückten Ersatzteillager. Am nächsten Morgen fahre ich dann mit dem Zug dorthin, kaufe mir einmal Zündung komplett (Spulen, Kontakte, Kerzen, Kabel, einfach alles) und baue meinem Baby den ganzen Kram in den Bauch. Aufgesessen, abgefahren, nach zweihundert Metern wieder der selbe Zirkus, sie spuckt nur noch. Ich setze mich an den Straßenrand, drehe mir ein Kippchen und überlege, ob ich die Kiste nicht einfach vor den nächsten LKW schubsen soll. Bei der Gelegenheit fällt mir der Benzinfilter ins Auge, und der ist leer! Da hat sich doch das Luder auf den letzten 100 km den ganzen Tank voll Sprit reingesaugt!!! Kein Wunder, wenn zwei Zylinder arbeiten und vier schlucken! Na gut, ein Tag Verspätung, aber es läuft wieder alles, das Wetter ist toll, und ich kann der Bande hinterher fahren. Die Fähre in Swansea nimmt mich trotzdem mit, nur mit Kabine ist natürlich Essig. Ich übernachte in einer Ecke des Restaurants und bin infolgedessen am nächsten Morgen sehr früh wach. Die Hafeneinfahrt nach Cork in Irland bei Sonnenaufgang ist ein Traum!

Dem Handy hab ich es zu verdanken, daß die Kollegen mich an der Fähre abholen, damit ist die Truppe wieder komplett und wir gondeln nach einem ausgiebigen Frühstück bei herrlichem Wetter an der Küste entlang Richtung Dublin. Wir hatten von Irland nur Gutes gehört, und daher für diese Etappe etwas mehr Zeit eingeplant. Deshalb können wir die 250 km auf zwei Tage verteilen und freuen uns über ein schönes Land und nette Leute. In Dublin kommen wir in ein Pub mit einem Trio, das dort in einer Ecke musiziert. Fast alle Melodien kommen uns bekannt vor und wir rätseln eine ganze Weile herum, bis wir draufkommen, daß Reinhard Mey und Hannes Wader wohl ausgiebig Irische Volksweisen übernommen haben.

Tags drauf wieder an die Fähre, nach all unseren Extratouren geht‘s jetzt endlich auf die Insel. Wir treffen einige Amerikaner, die mit ihren Vincents aus Kalifornien gekommen sind und erfahren, daß der Vincent Owner Club sein jährliches Treffen diesmal auf der Isle of Man abhält.

Gegen Mittag sind wir in Douglas und suchen erst mal die Rennstrecke. Wir haben die Tour so geplant, daß wir die Trainingsläufe zum Manx Gran Prix erleben. Deshalb können wir schon an den gepolsterten Laternenpfählen erkennen, daß wir richtig sind. Die Strecke erstreckt sich über gut 60 km rund um die Insel und führt mitten durch Dörfer und kleine Städtchen. Die Vegetation ist recht karg, aber in den Gärten sieht man gelegentlich Palmen. Außerdem scheint es hier sehr viel mehr Golfer als Mopedfahrer zu geben. Gegen Abend suchen wir ein Quartier und finden mit Hilfe eines Polizisten ein Jugendcamp, wo wir für einen geringen Obolus unsere Zelte aufschlagen dürfen. Auf dem Platz sind drei Areale mit Absperrbändern abgeteilt, es wird streng getrennt nach Jungs, Mädels und Betreuern. Wir bekommen auch eine Ecke zugewiesen, werden eindringlich auf die Spielregeln hingewiesen und kommen mit der Gruppe gar nicht in Berührung.

Am nächsten Morgen wecken mich urige Geräusche. Die Trainigsläufe haben begonnen. Morgens und Abends wird die Insel gesperrt, dann haben für zwei Stunden die Rennfahrer freie Bahn. Im Minuntenabstand gehen jeweils zwei Fahrer auf die Strecke, und zwar bunt gemischt. So kommt nach einem modernen Big-Bike eine 125er oder eine alte Norton mit ihrem markigen Sound. Man darf aber nicht glauben, daß die alten Herren, die zum Teil auch noch mit Halbschalenhelmen und Rauschebärten auf ihren Maschinen sitzen, dem Nachwuchs etwas schenken! Diese Oldtimer stechen um die Kurven wie junge Götter und schonen weder Mensch noch Material.

Nach der Morgenrunde wird erst mal ausführlich gefrühstückt, danach erforschen wir die Insel. Es gibt so einige schöne Eckchen, die von einer wechselvollen Geschichte erzählen können. Herrlich ist auch, daß wir fast die einzigen Touristen auf der Insel sind, anscheinend konzentriert sich der Rummel, dem wir entgehen wollten, weitestgehend auf die Tourist Trophy, die im Frühsommer stattfindet. Lediglich auf der Standpromenade in Douglas trifft man einige Fans, hier stehen auch so einige Motorräder, unter anderem relativ viele schöne Maschinen, die man sonst nur noch selten sieht.

Am Abend geht‘s wieder an die Rennstrecke, wir haben uns vorher informiert und schauen erst an der Balaugh Bridge bei den Sprüngen zu und fahren dann ein Stück weiter an den Parliaments Square, einer rechtwinkligen Kurve auf geflickter Straße. Hier gehen speziell die Oldtimer mit atemberaubender Schräglage um die Kurve und kommen auf dem unebenen Belag ganz nett ins Schlingern. Die Geräuschkulisse ist atemberaubend. Auch den nächsten Tag beginnen wir wieder an der Rennstrecke und schauen uns dann die andere Hälfte der Insel ein wenig genauer an.

Gegen Abend geht unsere Fähre nach England. Als wir ankommen wird wieder mal der Rasen gewässert und wir machen uns auf den Weg nach Liverpool ins Hotel. Am nächsten Tag ist das Wetter wieder besser, wir fahren nach Stratford on Avon. Das Shakespearestädtchen ist ganz nett, aber hier holt uns der Tourismus wieder ein.

Wir übernachten bei einer sehr netten englischen Familie, Bed and Breakfeast wie im Bilderbuch. Als der Hausherr erfährt, woher wir kommen, gerät er ins Schwärmen und gibt den einen oder anderen Schwank aus seiner Jugend zum Besten. Insbesondere auf das Stichwort “Vincent” weiß er so einiges zu erzählen.

Tags darauf führt uns die Tour zurück nach Folkstone in den Zug. Wir kommen gegen 23 Uhr in Frankreich an, einen Tag früher als geplant und haben deshalb kein Hotel. Colin kommt auf die Idee auf die nächste Autobahn zu fahren und ein Formel 1 Hotel zu suchen. Wir finden auch eins, es gibt kein Personal, ein Automat verkauft uns eine Karte und damit kommen wir an unser Zimmer. Es gibt keinen Luxus, aber man kann für kleines Geld ordentlich übernachten.

Morgens gehts weiter nach Lille. Dort trennen wir uns, Klaus und Colin sind etwas nördlicher zu Hause als ich und wollen direkt nach Westen, ich fahre lieber noch in Frankreich nach Süden und übernachte noch einmal bei Montmedy, einer winzigen Festungsstadt südlich von Luxemburg. Noch eine Etappe durch die Pfalz und den Odenwald und ich bin wieder daheim.

 

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